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Rezension |
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Die Butterblume hat anspannen lassen. Ihr Enkelchen sitzt auf ihrem Schoß, und das grazile Gefährt wird gezogen, d.h. eher geflogen von Schwalbenschwanz und Zitronenfalter. Auf dem Kutschbock agiert die gut gelaunte Grille. Wo soll es denn hingehen? Vielleicht in den Schlüsselblumengarten, der das Refugium von Herrn Schlüsselblum und seiner Frau Enziane Himmelblau ist? Es könnte aber auch sein, dass sie die Einladung zum Gänseblümchentee angenommen hat. Unterwegs erfreuen sie sich noch am Ringelreihen der Blumen, die die Rose in ihrer Mitte zu ihrer Königin erkoren haben. Doch es ist nicht nur eitel Sonnenschein in der scheinbar heilen Blümchen- und Tierwelt. Nicht immer sind sich alle grün. Auch hier gibt es Unstimmigkeiten. Frau Distel verteilt schon mal die rote Karte, wenn der gelbe Klee über die Stränge schlägt. Aufruhr gibt es – zu Recht – als im Taubnesselhain Blüten geraubt werden. Doch bis zur Hochzeit von Ritter Eisenhut und seiner geliebten Rose haben sich alle wieder beruhigt. Die Kampfspiele zwischen Ritter Schwarzdorn und Ritter Weißdorn, die dort gezeigt werden dienen nur zur Unterhaltung der vielen Feiernden. Mit einem wundervollen Ball, auf dem die musikalischen Gäste ihr Bestes geben, endet das große Ereignis. Große und kleine Leser werden von Ernst Kreidolf (1863-1956) der in einer ganz anderen Zeit aufgewachsen ist, in eine zauberhafte kleine Welt voller Blüten, Käfer und Schmetterlinge versetzt. Seine Zeichnungen sind typisch für den Jugendstil, in dem Blumen und Pflanzen gern vermenschlicht daherkommen. 15 Episoden hat der Künstler hier in seinem ersten Buch liebevoll und innig dargestellt. Jedem Bild geht ein gereimter Text voraus, den er dann auf der gegenüberliegenden Seite zeichnerisch umgesetzt hat. Da gibt es viel zu schauen und zu erzählen. Dieses wunderschöne Buch ist generationenübergreifend und eine bibliophile Kostbarkeit. Die Geschichten sind zeitlos schön, aber man muss sich darauf einlassen. Sie wecken Erinnerungen an die eigene Kindheit und öffnen den Blick für das Kleine in der Natur. Ihrem Charme kann man sich nur schwer entziehen. Sie sollten niemandem vorenthalten werden. Barbara Blasum |
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