Wenige Tage vor Hannahs sechstem Geburtstag stirbt ihre fröhliche und lebensbejahende Mutter bei einem Unfall. Ihr Vater verfällt in eine tiefe Depression, bis er ein Jahr später Roswitha heiratet, die von da an die Mutterrolle übernimmt. Roswitha ist Mitglied der Zeugen Jehovas und auch Hannah und ihr Vater neben seitdem an den täglichen Treffen der Zeugen im Königssaal statt. Das ganze Leben dreht sich nur noch um die Religionsgemeinschaft. In der Schule hat Hannah wenige Freunde, außerschulische Aktivitäten und Treffen mit Schulkameradinnen sind ein Tabu. Das Mädchen lernt, dass sie auserwählt ist und alle Ungläubigen sterben werden. Und die Auserwählten müssen viele Opfer bringen. Immer wieder wird dem Mädchen eingetrichtert, dass Gott alles sieht und ihre Fehler hart bestrafen wird. Die ersten Jahre nimmt Hannah diese Einschränkungen nicht als störend wahr. Sie wird in der Schule zur Außenseiterin, doch ihr Glaube stärkt sie. Aber als sie in die Pubertät kommt, ändert sich alles. Ihr kommen Zweifel und auf die körperlichen Veränderungen reagiert Hannah mit Angst, denn sie hat Dinge getan, die Jehova nicht billigt! Das Mädchen gerät nun immer häufiger in Konflikt mit ihrem Glauben und vor allem auch mit Roswitha, deren Eltern und der Gemeinde. Und als sie sich in ihren Klassenkameraden Paul verliebt, gerät alles außer Kontrolle. Hannah lernt eine Seite der Glaubensgemeinschaft kennen, die alles andere als paradiesisch ist. Psychischer Druck und Gewalt sind bei den Zeugen Jehovas eine durchaus legitime Methode, um „Verwirrte“ wieder auf den Pfad der Tugend zu bringen. Jana Frey hat diese Geschichte nicht selbst erfunden, sondern sie nach vielen Interviews und Gesprächen mit Hannah zu Papier gebracht. Entstanden ist ein wahres Dokument, das in seiner Ehrlichkeit erschüttert. Es ist bewundernswert, mit welcher sprachlichen Leichtigkeit sich Jana Frey immer an äußerst brisante Themen. Dieses Buch sollte als Pflichtlektüre in der Schule durchgenommen werden. Kerstin Reinke |