 |
Für die 14jährige Sandra ist Hip-Hop das Größte, und das Tanzen hat für sie den gleichen Stellenwert wie ihre Liebe zu Mo(ritz) und das Skifahren. Dafür tangiert die Schule sie leider überhaupt nicht. Ihr vielbeschäftigter Vater zeigt oft viel Verständnis für seine pubertierende Tochter, während die Mutter ab und zu ein Machtwort spricht. Es liegt auf der Hand, dass Sandra ihren Vater cooler findet. Sie wundert sich nur, warum er sich gerade diese Frau auserwählt hat, über deren Essen er meckert, und die sich ständig im Haushalt verletzt. Ihr zwei Jahre älterer Bruder Benny ist ein begeisterter Klassik-Fan und in ihren Augen ein absolutes Weichei. Im Wesen ähnelt er der Mutter, die, wie er, vom Vater verachtet und nicht für voll genommen wird. Sandra fühlt sich manchmal missverstanden in der Familie und teilt ihre Empfindungen in vielen mails einer Freundin mit. Erst nach und nach fällt ihr auf, dass Benny die Mutter vor den Anfeindungen des Vaters in Schutz nimmt. Wenn Mutter und Kinder sich so verhalten, wie der Vater es möchte, scheint alles in Ordnung zu sein. Seine Anforderungen an die Familie werden kontinuierlich immer höher, doch wenn sie nicht erfüllt werden, muss die Mutter es ausbaden. d.h. sie wird dafür bestraft, wenn die Kinder versagen. Sandra und Benny erzählen bzw. empfinden das Familienleben völlig anders, Nachbarn und Freunde, die ganz kurz vor jedem Kapitel zu Wort kommen, machen sich – wie der Leser auch – ihre eigenen Gedanken. In dieser Familie gärt schon lange etwas, das sich plötzlich explosionsartig entlädt. Benny mausert sich vom Weichei zu einem selbstbewussten jungen Mann, der keine Angst mehr vor den Folgen seines Handelns hat, und seine Schwester lernt auf leidvolle Weise, dass Menschen zwei Gesichter haben können. Gewalt in der Familie – dieses heikle Thema wird von der Autorin behutsam aufgegriffen und will sowohl Betroffenen als auch Unbeteiligten Mut machen, zu reagieren. Eine Liste mit Adressen von Hilfsorganisationen rundet dieses packend geschriebene und unter die Haut gehende Jugendbuch ab. Barbara Blasum
|
 |